1874-2024: 150 Jahre Feuerwehr Reichelsheim - Epoche 1: Bis 1874

Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Freunde der Feuerwehr Reichelsheim, zunächst wünschen wir Ihnen von ganzem Herzen alles Gute für das vor uns liegende Jahr 2024, vor allem Gesundheit! Für uns wird das ein ganz besonderes Jahr, denn wir feiern 150. Geburtstag und aus diesem Anlass haben wir uns eine ganze Menge für Sie ausgedacht:

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Wir haben diese Zeit in 12 Epochen unterteilt und werden Ihnen das ganze Jahr über am ersten jeden Monats eine zeitliche Epoche unserer Geschichte präsentieren. Viel Spaß beim Lesen wünschen wir bereits heute und los geht´s:

Bereits vor der Gründung der Feuerwehren wie sie heute bekannt sind -schon im Mittelalter- waren Gemeinden verpflichtet, den Brandschutz aufzubauen. So wurden zuerst Innungen und Zünfte dazu verpflichtet, im Notfall einzugreifen. Eine der ältesten bekannten Feuerordnungen wurde 1086 in Meran aufgestellt, worin die Handwerker die Aufgaben des Brandschutzes wahrzunehmen hatten. Als Ausrüstung standen nur Ledereimer, Wasserfässer, Feuerhaken und Dachkrücken zur Verfügung. Ab dem 14. Jahrhundert gab es einfache Spritzen, die zunächst mit Eimern gespeist wurden. Alle arbeitsfähigen Einwohner hatten mit gefülltem Eimer zur Brandstelle zu eilen und in sich doppelter Reihe nach der nächsten Wasserentnahmestelle aufzustellen: „Durch die Hände lange Kette um die Wette flog der Eimer“ war der Leitgedanke. Die eine Reihe reichte die gefüllten Löscheimer zur Spritze, die andere gab die Leeren zum Befüllen zum Gewässer zurück. Gehorsamsverweigerung gegenüber dem eingesetzten Kommando, unerlaubtes Entfernen von der Brandstätte oder absichtliches Beschädigen der Löschgeräte wurde mit empfindlicher Leibesstrafe geahndet.

Aus Bürgerwehren, die während den Revolutionsjahren in Frankreich 1848/49 wieder entstanden, gingen im Anschluss Organisationen hervor, die sich mit dem Brandschutz beschäftigten. „Feuerwehrmänner" waren nur bei Bekämpfung eines Brandes von den Pflichten in der Bürgerwehr entbunden! Am 3. April 1848 wurde der Begriff „Feuerwehr" im Württembergischen erstmalig amtlich gebraucht. Oft regelten Gesetze, dass ein Bürger erst dann in das Bürgerregister eingetragen wurde, wenn er einen „ledernen Feuerlöscheimer" als seinen Besitz nachweisen konnte. Bürgermeister und Beigeordnete hatten als Aufsichtspersonen die Pflicht, nach einem Brand Meldung darüber abzugeben, wie der Brand entstanden war und wie er hätte vermieden werden können, so wurden bereits Aufgaben der Brandverhütung wahrgenommen.

Die Verbindung Reichelsheims mit seiner Umwelt erfolgte bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zu Fuß oder mit privaten Pferdegespannen. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts verkehrten regelmäßig Postkutschen. Zu dieser Zeit waren die Häuser in Reichelsheim oft mit Stroh bedeckt. Erst die Einführung der Brandversicherung in der Erbacher Grafschaft um 1808 zwang viele Besitzer strohbedeckter Häuser zum Ziegeldach. In Hessen entstanden die ersten organisierten Feuerwehren in der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Im Kampf gegen das Feuer hielten die Menschen von alters her selbstverständlich zusammen. So ist es auch noch in der heutigen Zeit. Allerdings kam es oft vor, dass die „zu dem Feuer eilenden Personen" überhaupt keinen „Feuer-Eimer" hatten und so am Ort des Geschehens für noch größere „Confussion" sorgten. Aus diesem Grunde entstand im Jahr 1813 eine polizeilich verfügte Feuerlöschordnung. Diese besagte unter anderem, dass die Bevölkerung in Rotten bis zu 20 Mann „abzuteilen" und jeder Rotte ein Rottenmeister „vorzusetzen" ist. Den Rottenmeister bestimmte der Herzogliche Amtsverweser. Wer einen Löscheimer hatte (Einen solchen sollte jeder Hausbesitzer haben), hatte sich seinem ihm zugeteilten Rottenmeister zur Verfügung zu stellen.

Der große Brand in Hamburg 1842 mag als wichtiges Ereignis im Leben des Mechanikus Carl Metz betrachtet werden: Die schlechte Organisation des Löschwesens wird bei diesem Anlass aufgezeigt. Metz gründet eine Maschinenfabrik und empfiehlt sich als Hersteller von Feuerspritzen. So gilt er als DER Wegbereiter des deutschen Feuerwehrwesens. Er widmet sich fortan der Ausrüstung, Organisation und der Ausbildung der neuen „Feuerwehr", die sich eindeutig von bestehenden Anstalten des Löschwesens abhebt. Den Durchbruch der neuen Organisation schafft Metz beim Brand des Karlsruher Theaterhauses: Mit tatkräftigem und diszipliniertem Wirken zeigt sie den Unterschied zu den bestehenden Feuerlöschanstalten auf. Es gibt nur eine Schlussfolgerung: „Die Aufstellung von Feuerwehren in Deutschland"! 1848 setzt sich Carl Metz in seiner Flugschrift „Die Feuerwehr als notwendiger Bestandteil der allgemeinen deutschen Bürgerwehr" nachhaltig dafür ein, „dass die Feuerwehr nicht in der Bürgerwehr aufgeht". Noch ist aber die „Feuerwehr" mit Pistole und Kurzschwert in der Bürgerwehr verankert. Mitte des Jahrhunderts werden aus dieser Bewegung heraus die ersten Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland gegründet. Metz stirbt - hochverehrt von den Feuerwehrleuten - als grandioser Förderer der Feuerwehren im Jahr 1877.

Die Anfänge im Löschwesen sind in der Gemeinde Reichelsheim ebenfalls gemacht, bis 1874 besteht hier eine Pflichtfeuerwehr. Die Erkenntnis, dass eine behördliche Anordnung nicht genügt, um ein intaktes Löschwesen zu installieren, reift heran. Nur ein fester Stamm ausgebildeter Männer, die auf freiwilliger Basis diese Aufgabe übernehmen, kann hier einen erfolgreichen Einsatz im Ernstfall garantieren. Das Kreisamt Erbach schreibt an die großherzogliche Bürgermeisterei Reichelsheim: „Eine Feuerwehr kann gegründet werden. Die beiliegende Feuerlöschordnung ist aber so nicht anwendbar." Man sollte keinen neuen Verein gründen, der Bürgermeister müsse Chef der Wehr bleiben. Sollte doch ein neuer Verein gegründet werden, dann nach dem Vorbild der Feuerwehren in Darmstadt, Groß-Zimmern oder Mainz. Das ist also der Vorschlag aus Erbach und aus diesem Grunde schließen sich Reichelsheimer Männer zur Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr zusammen. Treibende Kräfte sind hier die Bürger Adam Bangert, Philipp Muth, Andreas Hörr, Johannes Bangert und Georg Ens. Am 1. AUGUST 1874 wird die FREIWILLIGE FEUERWEHR REICHELSHEIM gegründet und folgende Abteilungen laut Löschordnung aufgestellt:

Rettungsmannschaft, Bewachungsmannschaft, Löschmannschaft, Transportmannschaft, Pompiers Corps, Corps für Ordnung am Brandplatz, Wasserreihenbilder, Feuerläufer. Erster Direktor der Freiwillige Feuerwehr Reichelsheim wird Bürgermeister Volk, zweiter Direktor Steueraufseher Roth. Dirigenten werden: Andreas Hörr, Philipp Volk, Kilian Hering, Philipp Muth, Phillipp Heist, Adam Dingeldein III, Philipp Dingeldein, Adam Röder, Johannes Bangert, Forstwart Trautmann, Peter Dequis, Georg Dingeldein III, Balthasar Dingeldein.

Weitere Details unter: http://150jahre.feuerwehr-reichelsheim.de